PayPal-Zwang bei eBay Deutschland:
Baron von Münchhausen trifft Dagobert Duck

Geändert am 25.02.2010
Verkäufer bei eBay mit weniger als 50 Bewertungen müssen seit dem 25. Februar PayPal als Zahlungsmethode anbieten. Betrüger umgehen die als Sicherheitsmaßnahme begründete PayPal-Pflicht mit einfachsten Mitteln.
Die ehrlichen Nutzer hingegen sind verärgert – und sehen sich erhöhter Betrugsgefahr ausgesetzt.
Eine wirkungslose Maßnahme
Ungeachtet der Tatsache, dass der PayPal-Zwang völlig ungeeignet für die Erhöhung der Sicherheit bei eBay ist, läuft die Maßnahme ohnehin ins Leere. Seit Jahren gibt es bei eBay bestimmte Bewertungspunkte-Grenzen, die verschiedene Funktionen der Plattform freischalten. Sofortkäufe können erst ab 10, Multiauktionen erst ab 20 Bewertungen eingestellt werden. Betrüger umgehen diese Schranken, indem sie mit den von ihnen angemeldeten Accounts zunächst ein entsprechendes Bewertungsprofil aufbauen.
Die Methoden sind unterschiedlich, aber alle gleich einfach. Bewertungen werden einerseits direkt bei einschlägig bekannten Verkäufern gekauft. Alternativ inszenieren Betrüger eine Reihe von Scheinverkäufen und bewerten sich mit ihrer Vielzahl von Mitgliedskonten „im Kreis“. Ebenfalls beliebt: Käufe bei großen „PowerSellern“. Diese eBay-Verkäufer wickeln so viele Transaktionen ab, dass die individuelle Bewertungsabgabe mit großem Zeitaufwand verbunden wäre. Daher kommt eine Software – ein „Bewertungsautomat“ – zum Einsatz, dessen Aufgabe es ist, positive Kundenbewertungen mit ebensolchen zu erwidern. Eine entsprechende Anzahl Käufe mit sofortiger Bewertungsabgabe bei Verkäufern, die einen Bewertungsautomaten nutzen, garantiert die benötigte Anzahl positiver Rückbewertungen in Minuten – ohne, dass jemals eine einzige Transaktion tatsächlich stattgefunden hat. Bevor die Verkäufer bemerken, dass ihr „Kunde“ niemals am Artikel, sondern ausschließlich an der Bewertung interessiert war, haben die Betrüger das so aufgebaute Mitgliedskonto längst für ihre Zwecke eingesetzt.

Bewertungsaufbauende eBay-Betrüger sind also offensichtlich die einzigen, die von der PayPal-Pflicht nicht betroffen sein werden.

Bewertungsaufbau im Sekundentakt - bei eBay problemlos möglich

Das Problem: anonyme Anmeldung
»Untersuchungen haben ergeben, dass die Anzahl schlechter Kauferfahrungen bei Angeboten von Verkäufern mit weniger als 50 Bewertungspunkten doppelt so hoch ist wie bei Verkäufern, die mehr als 50 Bewertungen haben. Wir wollen es für Käufer […] sicherer machen, von Verkäufern mit weniger als 50 Bewertungspunkten zu kaufen« – so lautet die offizielle Lesart, mit der eBay die PayPal-Pflicht begründet.
Wie üblich benennt eBay für seine „Untersuchungen“ keine Quelle. Trotzdem scheint das Ergebnis glaubhaft und deckt sich mit den Erfahrungen vieler Nutzer. Die Ursache dafür, dass ein Großteil des Betrugs bei eBay mit wenig bewerteten Accounts begangen wird, liegt auf der Hand: Die Anmeldung beliebig vieler neuer Accounts auf Fantasie-Daten ist bei eBay jederzeit möglich.
Schufa-„Prüfung“
Das ohnehin minimalistische Identifizierungsverfahren, neu angemeldeten Mitgliedern einen Brief mit Freischaltcode an die angegebene Anmeldeadresse zu senden, hat eBay bereits vor Jahren zugunsten der sogenannten „Schufa-Prüfung“ aufgegeben. Dabei werden die bei der eBay-Anmeldung angegebenen Daten an die Schufa übermittelt und auf Plausibilität mit dort hinterlegten Datensätzen abgeglichen. Das System erlaubt es Betrügern nicht nur, die Daten völlig unbeteiligter real existierender Personen zu missbrauchen; es hat auch so viele Lücken, dass von einer „Prüfung“ eigentlich überhaupt keine Rede sein kann. Die in einschlägigen Kreisen gut bekannten Methoden, die Schufa-Prüfung zu überwinden oder zu umgehen, kann »falle-internet.de« an dieser Stelle aus nachvollziehbaren Gründen nicht im Detail erläutern. Ein Beispiel illustriert das Problem jedoch anschaulich: das Mitgliedskonto des Barons von Münchhausen.

Der Baron von Münchhausen ist eBay-Mitglied

PayPal-Anmeldung
Wie man bei eBay auf die Idee kommt, das Problem ausgerechnet durch die Kopplung neuer Mitgliedskonten an einen dazugehörigen PayPal-Account lösen zu können, ist nicht nachvollziehbar. Denn bei der Anmeldung bei PayPal verzichtet man auf eine Prüfung der angegebenen Daten gleich völlig. So ist es möglich, dass sogar Dagobert Duck einen eigenen PayPal-Account unterhält.

Nicht nur bei Disney hat Dagobert Duck den „Geldspeicher“ als Anschrift

Im Widerspruch zur gängigen Praxis fordert das Geldwäschegesetz von PayPal als Zahlungsdienstleister eigentlich verstärkte Sorgfaltspflichten und benennt eine beglaubigte Ausweiskopie als geeignetes Mittel der Identitätsprüfung, wenn eine Geschäftsbeziehung begründet wird, ohne dass ein Kunde persönlich bei Kontoeröffnung anwesend ist. Mit Hinweis auf den luxemburgischen Firmensitz erklärt sich PayPal jedoch regelmäßig für nicht an deutsches Recht gebunden.
Zu allem Überfluss findet auch keine Prüfung statt, ob ein eBay-Verkäufer und der von ihm angegebene PayPal-Account überhaupt zusammengehören. Es ist problemlos möglich, zum Zahlungsempfang einen PayPal-Account anzugeben, der auf einen anderen Namen und in einem völlig anderen Land angemeldet wurde als das vermeintlich zugehörige eBay-Mitgliedskonto. Es erscheint beinahe konsequent, dass der Käufer den abweichenden Namen des PayPal-Accountinhabers erst nach dem Abschluss des Zahlvorgangs erfährt – und dessen angebliche Adresse gleich gar nicht.
Diese Kombination ermöglicht es, mit beliebigen Falschdaten bei eBay zu „handeln“. Viele Betrüger nutzen die Möglichkeiten offensiv aus und setzen auf den „Bezahlkumpel“ PayPal. Die Eröffnung eines Bankkontos zum betrügerischen Zahlungsempfang ist mit Hürden wie der Beschaffung gefälschter Ausweispapiere verbunden, die zumindest einen erheblichen Organisationsaufwand erfordern und daher nur von gewerbsmäßig agierenden Banden überwunden werden. Bei PayPal reicht eine E-Mail-Adresse aus, um sofort losbetrügen zu können – und die Geldwäsche ist gleich inklusive.
„Geldwäsche – mit PayPal so leicht wie nie“
Ein einfaches Beispiel aus dem eBay-Forum zeigt eine mögliche Vorgehensweise beim Betrug mit PayPal: Es werden ohne Lieferabsicht Waren angeboten, die Zahlungen der Käufer über PayPal kassiert. Mit dem so erworbenen PayPal-Guthaben gehen die Betrüger ihrerseits auf Einkaufstour bei nichtsahnenden Verkäufern. Die bestellten Produkte lassen sie sich anonym liefern: an eine Packstation (»falle-internet.de« berichtete), eine leerstehende Wohnung oder - wie in diesem Bericht - einen ungenutzten Briefkasten, der einfach mit einem passenden Namensschild beschriftet wird. Die ursprünglich betrogenen Käufer werden im Rahmen des vielbeworbenen Käuferschutzes von PayPal entschädigt – das Geld dafür verfolgt PP über mehrere Stationen bis zum letzten Empfänger und bucht es mit dem Hinweis auf eine „Zahlung aus betrügerischen Quellen“ von den Konten der Verkäufer ab, deren einziger Fehler es war, PayPal als Zahlungsmethode anzubieten. Ein Teilnehmer der Diskussion fasst zusammen: »Ich glaube, erst durch dieses konkrete Beispiel werden viele Mitglieder erkennen, wie riskant und unsicher PayPal tatsächlich ist. Da wird Guthaben kreuz und quer durch den virtuellen Raum verschoben, ohne dass dabei ein einziges Mal ein echter Name oder ein echtes Bankkonto benutzt wird. Am Ende verliert aber irgendjemand echtes Geld. Und das ist in der Regel nicht die Firma PayPal...!«
Kein Verkäuferschutz bei PayPal
Die Liste solcher und ähnlicher Betrugsfälle ist lang. Unter Betrügern beliebt ist auch der „abweichende Artikel“: Nach Erhalt des Pakets wird bei PayPal reklamiert, der Inhalt entspräche nicht der bestellten Ware. Ob der Käufer behauptet, ein Paket voller Steine erhalten zu haben oder mit Hilfe eines „Gutachtens“ einen angeblich defekten Artikel nachweist – PayPal bucht in solchen Fällen auf Zuruf beim Verkäufer zurück.
Nicht ohne Grund bestand Frerk-Malte Feller, langjähriger Geschäftsführer von PayPal Deutschland, bei seinen privaten eBay-Auktionen auf die Zusendung von Ausweiskopien, Kreditkartendaten und Kontoauszügen, falls seine Käufer PayPal als Zahlungsmethode nutzen wollten (»falle-internet.de« und Spiegel Online berichteten). »Der Hintergrund ist, dass PayPal Verkäufer nur bei Beachtung dieser Bedingungen vor unberechtigten Rückbuchungen schützt«, so Feller damals. Diese kreative Auslegung der PayPal-AGB, nach denen PayPal für die Identität der Mitglieder ausdrücklich keine Garantie übernimmt und sämtliche daraus resultierenden Gefahren auf die Verkäufer abwälzt, ist inzwischen von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet von eBay verboten worden.
Stattdessen verweist man auf den Verkäuferschutz bei PayPal, der vor unberechtigten Rückbuchungen schützen soll. Dass unberechtigte Rückbuchungen durch PayPal überhaupt erst möglich werden und der Verkäuferschutz ohnehin nur eine Kulanzleistung ohne Rechtsanspruch ist, sagt eBay hingegen nicht. Seit der FMF-Klausel – so werden Fellers Bedingungen unter den eBay-Mitgliedern genannt – wurde der ohnehin marginale Verkäuferschutz noch weiter beschnitten. So ist es laut eBay-Grundsätzen beispielsweise verboten, die Bezahlung per PayPal an eine bestimmte Versandart zu knüpfen. Versicherter bzw. sendungsverfolgter Versand ist jedoch eine Grundbedingung für das Einreichen eines Antrags auf Verkäuferschutz. Der Verkäuferschutz für den Fall, dass als Grund für die Rückbuchung ein „erheblich von der Beschreibung abweichender Artikel“ angegeben wird, wurde gleich ersatzlos gestrichen: bei PayPal kennt man die Gefahren des Systems und die damit verbundenen Kosten offensichtlich sehr genau.
PayPal – 18faches Betrugsrisiko
Im Zuge der gescheiterten Einführung von PayPal als Zwangsmaßname für alle Verkäufer in Australien hatte eBay schon einmal das Sicherheitsargument bemüht. Die australische Wettbewerbsbehörde »Australian Competition and Consumer Commission (ACCC)« verlangte damals solide Zahlen. eBay erklärte, dass die Betrugsquote bei PayPal-Zahlungen „nur“ 0,3% betrage. Dem gegenüber steht allerdings laut »Australian Payments Clearing Association (APCA)« ein Wert von 0.0167% für Zahlungen mit Kreditkarten. Das Betrugsrisiko mit PayPal ist gegenüber anderen im Online-Handel gängigen Zahlungsmethoden fast 18 Mal so hoch. Die APCA kam in ihrer Stellungnahme folgerichtig zu dem Schluss: »APCA also notes that PayPal’s buyer protection is not reducing fraud but instead is reallocating the cost of fraud from buyers to sellers.« – »Die APCA merkt außerdem an, dass der PayPal-Käuferschutz Betrug nicht verringert, stattdessen aber die Kosten von Betrug von den Käufern auf die Verkäufer umlegt.«

Dieser Einschätzung ist nichts hinzuzufügen, wie »falle-internet.de« aus unzähligen Berichten betroffener Verkäufer weiß.
„Sicherheit ist generell anzuzweifeln“
Wie die PayPal-Pflicht für Verkäufer mit weniger als 50 Bewertungen die Sicherheit bei eBay positiv beeinflussen soll, ist nicht nachvollziehbar. Stattdessen eröffnen sich ganz neue Risiken für diejenigen Verkäufer, die sich nun bei PayPal anmelden werden.
PayPal führt die Liste der attraktivsten Phishing-Ziele unangefochten an. Die Weigerung, ein obligatorisches TAN-Verfahren einzuführen, wie es im Online-Banking seit Jahren üblich ist, dürfte diesen Umstand befördern. Als wohl einziger Zahlungsdienstleister hält PayPal entgegen gängiger Sicherheitsstandards überdies an der Praxis fest, die Kunden in Mails über einen darin enthaltenen Link zum Login aufzufordern. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie äußert sich diplomatisch: »Die Sicherheit eines Zahlungsdienstes im Internet, der lediglich mit einem Passwort geschützt ist, ist grundsätzlich anzuzweifeln.«
Zusammen mit den unüberschaubaren Betrugsrisiken eröffnet sich durch den PayPal-Zwang eine weitere Gefahrenquelle bei eBay.
falle-internet.de meint:
Die zwangsweise Einführung von PayPal wird die Betrugsgefahr bei eBay drastisch erhöhen. Verkäufer mit weniger als 50 Bewertungen sind als unerfahrene Gelegenheitsnutzer die perfekte Zielgruppe für PayPal-Betrüger.

Akzeptieren Sie im anonymen Distanzhandel niemals PayPal als Zahlungsmethode!


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