Welche Betrugsmethoden gibt es (mit konkreten Beispielen von der eBay-Auktionsplattform)

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Geändert am 03.06.2007
Beispiel für eine Methode für Betrugsversuche mit angefütterten eBay-Accounts
Um einmal zu verdeutlichen, mit welchen Strategien professionelle Betrüger mit angefütterten Accounts und Account-Serien auf der eBay-Auktionsplattform vorgehen, wird an dieser Stelle der generelle Aufbau einer solchen Strategie beschrieben, der im Jahre 2004 noch auf der eBay-Auktionsplattform erfolgreich gewesen wäre. Heute wären verfeinerte Strategien erforderlich, die aber an dieser Stelle nicht erläutert werden, um Nachahmungseffekten vorzubeugen.

Die Vorbereitungen für einen solchen Betrugsversuch wären recht aufwendig. Da diese Vorbereitungen einen einzelnen Betrüger meist etwas überfordert hätten, ist die hier beschriebene Strategie wohl eher von Gruppen mehrerer Betrüger eingesetzt worden (die Beschreibung ist allgemein gehalten - weder notwendige Details, noch die Möglichkeiten der Umgehung der Sicherheitsmechanismen der eBay-Auktionsplattform werden in dieser Beschreibung erläutert):

Phase 1 - Beschaffung von Strohleuten, Bankkonten und Daten für Accounts der eBay-Auktionsplattform
Nachdem man sich für einen Standort entschieden hat, sucht man willige Helfer um an reale Adressen und Girokonten zu kommen. Dabei bedient man bevorzugt aus der Gruppe arbeitsloser Aussiedler, Landsleute, Kleinkrimineller, oder bei Alkohol- bzw. Drogenabhängigen. Diese kann man an typischen Szenetreffpunkten ansprechen. Mit kleinen Geldgeschenken und Versprechungen werden sie geködert. In die geplante Betrugsaktion auf der eBay-Auktionsplattform werden sie nicht oder nur unzureichend eingeweiht. Möglicherweise täuscht man denen sogar vor, die Geschäfte auf der eBay-Auktionsplattform ordentlich abzuwickeln. Für ihre Hilfe wird ihnen Geld versprochen. Soweit man zum Beispiel eine bestehende Wohnung ungestört nutzen will, könnte es sich anbieten, dem Besitzer ein Urlaub zu spendieren. Es kommen auch Wohnungen von Personen in Frage, die eine kurzzeitige Haft verbüßen.

Die kurzfristige Anmietung von Wohnungen ist heute ohne echte Identitätsprüfung bei entsprechender Kautionszahlung möglich. Auch die Übernahme eines Telefonanschlusses ist recht einfach. Mit den rekrutierten Strohleuten versucht man weitere Konten bei anderen Banken zu eröffnen (bei entsprechenden Kenntnissen ist es sogar möglich, dass Nicht-EU-Bürger mit einer leicht fälschbaren Meldebescheinigung Konten eröffnen). Bei negativen Schufa-Einträgen ist in der Regel eine Kontoeröffnung auf Guthabenbasis möglich.

Für die Anmeldung von Accounts auf der eBay-Auktionsplattform besorgt man sich die Daten Dritter, die von dem Missbrauch nichts wissen. Zusätzlich kann man auch die Daten der Strohleute benutzen.

Für die Anmeldung auf der eBay-Auktionsplattform werden eMail-Adressen sogenannter "Freemailer" benutzt.

Der Zeitaufwand für Phase 1 beträgt ca. 3 Wochen.

Phase 2 - Anmeldung von Accounts auf der eBay-Auktionsplattform und Aufbau des Bewertungsprofils
Je vorhandenem Datensatz werden zwei bis drei Accounts auf der eBay-Auktionsplattform angemeldet. Es werden plausible aber falsche Kontodaten für spätere Abbuchungen der eBay-Auktionsplattform hinterlegt. Um eine Betrugsserie durchzuführen, werden insgesamt rund vierzig Accounts angemeldet.

Daraufhin werden mit jedem dieser Accounts ca. zwanzig Käufe getätigt, die sich meist im Bereich von EURO 1,00 bis 3,00 bewegen. Die Überweisungen werden umgehend vorgenommen. Als Lieferadresse wird eine vorhandene Wohnung angegeben. Die erhaltene Ware lässt sich gegebenenfalls über die, auf die Strohleute angemeldeten Accounts, wieder in Umlauf bringen, da hier ein reales Konto für die Abbuchungen der Gebühren vorhanden ist. Unter Umständen können mit einer solchen Methode sogar hochwertige Artikel eingekauft und wieder verkauft werden, um die Glaubwürdigkeit des Bewertungsprofils zu erhöhen. Ziel der Aktion ist ein Bewertungsprofil von jeweils fünfzehn bis zwanzig Bewertungen.

Der Zeitaufwand für Phase 2 beträgt ca. 2 Wochen.

Phase 3 - Durchführung des Betrugs
Nun folgt eine "Ruhephase". Während dieser "Ruhephase" kann man weitere weitere Betrugsaktivitäten vorbereiten. Bei vierzig Accounts bietet sich an, die Strategien etwas zu variieren.

Strategie 1:

Mit zwanzig Accounts wird ein bewährtes Muster genutzt. Es werden je zehn bis zwölf Artikel in Eintagesauktionen eingestellt. Die Einzelwerte der Artikel liegen zwischen EURO 200,00 und maximal EURO 500,00. In diesem Bereich kann man mit einer hohen Bereitschaft der Käufer zur Vorauszahlung rechnen. Ein genauer Standort wird in der Artikelbeschreibung nicht angegeben, um die Zahl möglicher Selbstabholer zu minimieren.

Sinnvoll ist es, nicht alle zwanzig Accounts gleichzeitig einzusetzen, sondern jeweils fünf von ihnen in aufeinanderfolgenden Tagen nacheinander zu verwenden. Nach einigen Tagen wiederholt man die Serie von neuem.

Bei der ersten Auktionsserie wird die Sicherheitsabteilung der eBay-Auktionsplattform etwa 10% der Accounts entdecken und überprüfen. Bei der folgenden Serie steigt das Risiko auf ca. 20-30%. Bei der dritten Serie werden vermutlich die Hälfte der verbliebenen Accounts von der Sicherheitsabteilung der eBay-Auktionsplattform nicht gefunden. Weitere Auktionen lohnen kaum, da nun möglicherweise die Höchstbieter nervös werden, die Sicherheitsabteilung der eBay-Auktionsplattform informieren, oder Nachforschungen anstellen.

Mit dieser Methode können bei einer Zahlungsquote der Käufer von 80% rund 340 Auktionen erfolgreich beendet werden (durchschnittlich 17 je Account). Die Einnahme beträgt bei einem geschätzten Artikelerlös von EURO 300,00 insgesamt EURO 102.000,00. Um die Abhebung des Geldes zu erleichtern, werden die Vorauszahlungen über verschiedene Konten eingesammelt.

Strategie 2:

Mit den restlichen zwanzig Accounts werden unterschiedliche Strategien getestet. Dazu zählen Sofortkauf-Optionen und Festpreisangebote mit größerer Stückzahl. Es ist auch denkbar, die Zahl der gleichzeitig eingestellten Auktionen höher als bei den Eintagesauktionen zu wählen, dafür die Angebote aber drei Tage laufen zu lassen. Im Ergebnis sind mit dieser Methode Einnahmen aus diesen zwanzig Accounts zwischen EURO 50.000,00 und mehr als EURO 100.000,00 denkbar.

Der Zeitaufwand für Phase 3 ca. 2-3 Wochen.

Phase 4 - Maßnahmen durch die zuständigen Mitarbeiter der eBay-Auktionsplattform und der Strafverfolgungsbehörden
Soweit die Betrüger keine handwerklichen Fehler bei der Anmeldung der Accounts und Einstellung der Auktionen machen, dürfte es für die Sicherheitsabteilung der eBay-Auktionsplattform kaum möglich sein, die Zusammenhänge zu entdecken. Mit der Zeit werden die Täter aber aus den Sperrmustern von der eBay-Auktionsplattform ihre Konsequenzen ziehen.

Soweit ein Account gesperrt wird, verschickt die eBay-Auktionsplattform eine standardisierte Mail. Einige Nutzer werden dann versuchen, ihr Geld zurückzubuchen. Unter Umständen wenden sie sich auch an ihre örtliche Polizei, wo sie aber in der Regel abgewiesen werden. Fünf bis zehn Tage nach Ende einer Auktion liegt ja nicht unbedingt ein Schadensfall vor. Gegebenenfalls werden die Betrüger sogar dazu übergehen, mit beschwichtigenden eMails die Höchstbieter noch einige Tage hinzuhalten.

Da für die Accounts und Konten unterschiedliche Anschriften benutzt werden, wird die Dimension des Betrugs von den jeweils zuständigen zuständigen Polizeibehörden nicht erkannt. Entsprechende Hinweise von Sicherheitsabteilung der eBay-Auktionsplattform an die geschädigten Nutzer unterbleiben mit dem Hinweis auf Datenschutz. Zu Sicherungsmaßnahmen bezüglich der Konten kommt es erst in einer späteren Phase. Bei vielen Polizeibehörden gibt es dazu noch erhebliche Defizite beim Umgang mit Internetbetrug. Da die einzelnen Schadenssummen gering sind, wird den Fällen selten eine hohe Priorität zugeordnet. Bis die Fahndung in Gang kommt, haben die Täter längst das Feld geräumt. Die Gefahr während der heißen Betrugsphase erwischt zu werden ist gering.

Im Zuge der Ermittlungen werden vermutlich nur die Strohleute ermittelt. Ob die zur Aufdeckung der Hintermänner beitragen können ist fraglich. Es ist auch nicht auszuschließen, dass die Täter sich solcher Personen bedienen, die sich nach dem Betrug nicht mehr in Deutschland aufhalten.

Phase 5 = Phase 1
Schon während der laufenden Betrugsphase bauen die Betrüger einen neuen Standort in einem anderen Bundesland auf. Es werden neue Strohleute akquiriert und wieder Accounts angelegt. Mit den vorher gewonnenen Erkenntnissen lässt sich die verwendete Methode von mal zu mal verfeinern. Ein Wechselintervall von ca. zwei Monaten ist denkbar. Es wäre so möglich, rund EURO 1.000.000,00 Betrugseinnahmen im Jahr zu erwirtschaften. Das wäre von zwei bis drei Haupttätern zeitlich gut zu leisten. Bei einer 50% Antragsquote auf Käuferschutz entstünde der eBay-Auktionsplattform allein ein Schaden von EURO 290.000.00. Dazu kommen Gebührenausfälle, Verwaltungsaufwand und erhebliche Imageschäden.

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